Wie entsteht eine weiße Geige?

Fehlende Bilder werden bald eingefügt, wenn wir etwas weniger zu tun haben und begleitend Fotos schießen können 😉

Das Holz

Bevor eine Geige gebaut werden kann muss erstmal das Holz ausgewählt werden. Früher ist man dazu noch in den Wald gegangen und hat sich einen Baum ausgesucht, Diesen gefällt, in Scheiben und daraus in „Tortenstücke“ geschnitten. Diese dienen als Rohmaterial für Geigen. Nach einer längeren Trocknungszeit (mehrere Jahre) konnten diese dann für den Bau benutzt werden.

Inzwischen macht das meist nicht mehr der Geigenbauer sondern ein Tonholzhändler. Als Geigenbauer kann man dort sein Tonholz einkaufen und meist schon in der Werkstatt direkt loslegen (auch hier ist wichtig, dass das Holz gut getrocknet ist, aber das passiert meist schon beim Tonholzhändler).

Verlaufen im Wald

Der Korpus

Für den Bau des Koprus‘ gibt es verschiedene Herangehensweisen. Bei diesen Herangehensweisen ändert sich quasi nur die Reihenfolge, wie der Korpus gebaut wird. Je nach Region werden verschiedene Herangehensweisen mehr bevorzugt.

So gibt es eine Variante mit Innenform, eine mit Außenform und eine, wo es keine dieser beiden Formen gibt. 

Die in Deutschland gebräuchlichste wird wohl die Variante mit der Innenform sein. 

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Die Innenform

Die Innenform ist meist eine Multiplex-Platte. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht krumm und schief werden kann im Laufe der Zeit.

Mit Hilfe einer Schablone, kann man die Form für diese Innenform auf die Platte zeichnen und Diese grob mit der Bandsäge aussägen. Danach werden die Sägeflächen noch in die richtige Form gebracht. Hierzu zählt auch, dass die Sägefläche im rechten Winkel zur eigentlichen Fläche der Platte steht.

Als ich das das erste Mal versuchte bin ich lange und kläglich gescheitert…

Versucht das gerne auch mal 😉

Die Fläche am Rand muss komplett gerade und im rechten Winkel sein! 

Wenn das fertig ist, werden noch die Bereiche für die Klötze im Innern der Geige ausgesägt. Auch hier wieder: Alles muss rechtwinklig und gerade sein!

Aber wofür brauch man diese Innenform eigentlich? 

Dazu kommen wir jetzt:

Der Zargenkranz

Der nächste Schritt ist der Bau des Zargenkranzes.

Das ist der Bereich der Geige, der zwischen Decke und Boden liegt und ist dafür zuständig, dass die Geige einen genügend großen Klangkörper hat.

Am Anfang sind die Zargen nur einfache lange, dünne Platten Ahornholz.

Erst dadurch, dass man diese Platten nass macht und über ein heißes Stück Eisen biegt, lassen sie sich in Form biegen. Das muss mehrfach wiederholt werden, da die Zargen beim abkühlen wieder zurück in die Ausgangsposition wollen. Erst wenn das nicht mehr passiert, ist eine der 6 Zargen fertig.

Nun werden diese noch an die passenden Klötzchen angeleimt und man könnte meinen, der Zargenkranz sei fertig.

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ABER…!

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Wer schon mal versucht hat einen Deckel o.Ä. an eine Box zu leimen/kleben, die Ränder hat, die nur ungefähr einen Millimeter dick sind, wird gemerkt haben, dass diese Verbindung nicht unbedingt von langer Dauer ist.

Auch Geigenbauer haben dieses Problem, da die Zargen am Ende tatsächlich nur ~ 1 mm dick sind. 

Da aber die Decke und der Boden am besten Ewig auf dem Zargenkranz halten sollen haben sich Geigenbauer „Reifchen“ ausgedacht.

Das sind kleine Verstärkungsleisten, die direkt an den Kanten der Zargen angeleimt werden. Natürlich müssen diese auch wieder an die Form der Zargen angepasst und gebogen werden.

Jetzt hat man immerhin ~ 3 mm Leimfläche zur Verfügung. Das hält dann schon ganz gut.

Decke/Boden

Nun kommen Decke und Boden dran. 

Bis zu einem gewissen Punkt wird mit den beiden genau das selbe gemacht. Daher erkläre ich das Ganze der Einfachheit halber mal nur an der Decke:

Wie oben beschreiben erhält man die Decke meist als Kuchenstück aus einem Baumstamm. Dieses Kuchenstück wird noch einmal halbiert und plan gehobelt. Danach geht es daran, die Seite, die außen am Baum war wieder in einen rechten Winkel mit der Grundfläche zu bringen. Ist dies geschafft werden die Beiden Stücke an der Außenseite zusammengeleimt und man erhält ein „hölzernes Dach“.

Nun legt man die Decke auf den Zargenkranz und zeichnet von der Außenseite der Zarge einen gleichmäßigen Rand auf das Holz. Meist klappt das am besten mit Hilfe einer Unterlegscheibe o.Ä.

Nach Simone E. Sacconi soll dieser Rand genau 2,25 mm breit sein. Das einzuhalten klappt leider dann doch nicht immer.

Fertig umzeichnet, kann man nun anfangen die Decke grob auszusägen. Danach fängt man die Decke schon mal grob zu wölben, also die typische Deckenform einer Geige zu erschaffen. Als nächstes wird die Randstärke hergestellt. Das garantiert, dass der Rand der Geige möglichst gleichmäßig aussieht und man besser die Form der Geige schnitzen kann.

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Das schnitzen des Umrisses der Geige erfordert viel Augenmaß und Konzentration.

Zwar ist die Form durch das Umranden des Zargenkranzes schon vorgegeben, aber ein bisschen zu viel Kraft, mit der man das Schnitzmesser führt und man hat viel zu tun um diese Scharte wieder auszugleichen.

Außerdem soll die Form ja schön symmetrisch sein (ja, Geigenbauer lieben wirklich Symmetrie und Rechtwinklichkeit so sehr wie es einem beim Lesen vorkommt), sodass der Fehler dann an der selben stelle auf der anderen Seite bzw auch auf dem Boden wiederholt werden muss!

Angenommen, es ist alles gut gegangen und wir mussten doch keine Fehler vier mal machen, wird nun die Decke etwas genauer gewölbt und der Span eingelegt. Hierzu findet ihr mehr hier.

Danach kann man die Wölbung vollenden. 

Jetzt haben wir aber immernoch nur sehr begrenzt Platz im Korpus: Der Zargenkranz hat noch seine Innenform und auch Decke und Boden sind ja doch noch sehr massiv innen.

Minihobel

Deshalb werden nun Decke und Boden ausgearbeitet.

Dafür gibt es extra kleine Hobel (links im Bild) mit denen man, nachdem man mit Hohleisen (rechts im Bild) das gröbste aus der Decke geholt hat, nun die Feinarbeit an der Decke vornimmt und diese auf durchschnittlich ~ 3 mm Dicke runterhobelt.

Ab jetzt wird nur noch die Decke weiterbearbeitet. Der Boden ist an diesem Punkt fertig. Meist wird daher schon mal der Zargenkranz von seiner Innenform befreit und mit dem Boden zusammengeleimt. Das erspart viele Nerven, da durch die Materialstärke des Bodens, dieser sich leicht verziehen kann.

Hohleisen
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Die F-Löcher

Nun kommen die F-Löcher in die Decke. Dafür werden Diese erstmal mit einer Schablone aufgemalt. Danach wird an drei Stellen ein kleines Loch gebohrt, sodass ein Laubsägeblatt hindurch passt und das F-Loch wird nach einem bestimmten Schema grob ausgesägt.

Danach wird das F-Loch mit einem Schnitzmesser wieder bearbeitet und in Form gebracht.

Der Bassbalken

Mit den F-Löchern fertig wird nun der Bassbalken angepasst. Dieser sorgt dafür, dass die Decke etwas mehr aushält und verteilt gleichzeitig die Schwingungen der tiefen Töne, sodass diese besser klingen.

Die Krux am Bassbalken ist allerdings, dass er auf der gesamten Länge nahezu perfekt an die Decke angepasst werden muss.

Auszubildende können hier schon mal den ganzen Tag dran sitzen, um bei Feierabend völlig entnervt nach Hause zu gehen und am nächsten Tag doch noch mal von Vorne anfangen, weil es eigentlich zum Ende hin hoffnungslos war.

Hier merkt man den Unterschied zum Meister recht deutlich, der während er es erklärt gerne innerhalb einer halben bis dreiviertel Stunde den Bassbalken fertig eingepasst hat.

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Ist dieser fertig eingeleimt und geformt worden, kann der Korpus geschlossen werden. 

Ich habe in der Ausbildung vorher immer noch die F-Löcher abgeklebt, da so kein Lack in die Geige laufen kann. Dies wird allerdings nicht immer gemacht.

Nun wird unten noch der Untersattel in die Decke eingelassen, damit die Decke nicht den Druck der Hängesaite des Saitenhalters ertragen muss.Das Ebenholz des Untersattels, kann das deutlich besser, als die Fichte der Decke.

Der Hals

Geigenhals grob ausgesägt

Da der Hals am Anfang ja auch nur ein Klotz Tonholz ist, muss auch dieser erstmal wieder „hübsch“ gemacht werden, bevor man damit arbeiten kann. 

Es wird also die Oberseite (da wo später das Griffbrett drauf soll) plan gehobelt und die beiden angrenzenden Seiten des Klotzes rechtwinklich und plan zur Oberseite gearbeitet.

Danach kann man mit einer Schablone schon einmal eine Form des Geigenhalses auf den Klotz zeichnen und diesen aussägen. 

Dieser Umriss kann dann noch etwas mit Raspel und Feile verbessert werden und – wenn es die Bandsäge doch nicht geschafft hat – in den rechten Winkel gebracht werden.

Nun kann auf der Oberseite mit einer anderen Schablone die ungefähre Größe des Griffbrettes aufgemalt werden (Bild links)

Die Schnecke

An den Seiten wird nun schon einmal mit der Bandsäge Holz weggenommen. So spart man sich die mühselige Aufgabe, das alles mit Raspel und Feile zu bewerkstelligen.

Nun kann man sich ganz der Schnecke widmen. Gerade bei der Schnecke wird die Kunstfertigkeit des Geigenbauers meist sehr gut deutlich. Außerdem können erfahrene Geigenbauer anhand der Schnecke erkennen, welcher Geigenbauer die Geige gebaut hat, bzw welchem alten Meister die Geige nachempfunden ist.

Die Schnecke hat insgesamt ungefähr zwei Windungen, die einzeln mit einer kleinen Handsäge abgetragen werden. danach wird der Rest mit Hohl- bzw. Stemmeisen, Feile in die endgültige Form gebracht.

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Wirbelkonstruktion
Der Wirbelkasten

Der Wirbelkasten ist immer etwas mühselig, da hier der Kasten ausgehöhlt werden muss und dies auf doch recht begrenztem Platz. 

Ist dies aber geschafft, werden die Wirbellöcher angezeichnet. Dafür gibt es eine Konstruktion, die wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen.

Wenn euch da auch die Maße interessieren, habt ihr nur eine Möglichkeit: Nachmessen, wenn ihr es auf der richtigen Größe ausdrucken könnt – wie gesagt, ein bisschen Geheimnis soll schon noch bleiben!

Das Griffbrett

Aber zurück zur Geige:

Die Löcher sind gebohrt, die Schnecke ist schön. 

Der nächste Schritt ist das Griffbrett. Das wird aus Ebenholz gemacht, um euch viele Gänge zum Geigenbauer zu ersparen, denn das Griffbrett wird mit der Zeit – je nach dem wie oft ihr spielt, geht das schneller oder dauert etwas länger – auf der Oberfläche etwas wellig. Dadurch können schon mal Saiten schnarren, da sie beim Schwingen auf das Griffbrett schlagen. Deswegen baut man das Griffbrett auch immer etwas hohl. So haben die Saiten noch viel weniger Chance auf das Griffbrett zu schlagen.

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Die Hochzeit

Am Ende wird’s bei der Geige noch mal romantisch. 

Die Hochzeit steht an. 

Das ist, wie man vermuten kann, der große Schritt in Richtung „Leben als Geige“. Hier wird der Hals und der Korpus zusammengesetzt. Wie bei einer echten Hochzeit kann auch hier viel schief gehen… Bisschen zu viel Druck hier, dort etwas zu sehr nachgelassen und schon wird’s komisch.

Bei der Geige wird der Hals per Schwalbenschwanzverbindung in den Korpus eingesetzt. Der gewährleistet, dass der Hals nicht einfach so wieder rausrutschen kann.

Sollte das doch mal passieren, dann wurde mit viel Gewalt dafür gesorgt, dass der Hals aus der Verbindung bricht. (allerdings gibt’s dafür – soweit ich weiß kein Wort.. Scheidung kennt eine Geige nicht).

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zur fertigen weißen Geige! 

Es wird lediglich alles schick gemacht was noch nicht schick ist. Zum Beispiel der Hals, der Halsfuß, das Zäpfchen (ein Teil des Bodens, wo der Halsfuß drauf steht und all das was an Decke, Boden und Zargen noch nicht so richtig zufriedenstellend ist. 

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